Kostbarkeiten und Wundersames aus China

Donaukurier vom 18.05.2005

Der "normale" Autor schickt seine Manuskripte an Verleger und hofft, irgendwann angenommen zu werden. "Boot"-Autor Lothar-Günther Buchheim tauchte bald nach dem Krieg wie Phönix aus der Asche im Journalisten-, Kunst- und Literaturbetrieb auf, entschied sich, die in den Freiheitsnischen widerspenstiger Künstler im besetzten Frankreich entdeckten mediterranen Expressionisten und Abstrakten und die in Nazi-Deutschland verfemten "Brücke"-Maler zu befördern und gründete (s)einen Kunstverlag.

Dessen Motto "Einheit in der Vielfalt" setzten Buchheim und Frau Diethild ("Ditti") unter anderem so um, dass sie die Welt bereisten, ehe die Deutschen im Wirtschaftswunder soviel auf die hohe Kante gelegt hatten, dass ihnen jedes Urlaubsziel finanzierbar erschien.

Buchheims indessen schauten sich Land, Leute und insbesondere Künstler an, sammelten Kunst, Geschichten und Interieur, erwarben, was niemand sonst je angesehen hatte. In China zum Beispiel über 3000 Holzschnitte, Rollbilder und Steinabriebe, Scherenschnitte, Kork- und Kleinkunstwerke unter Glassturz, aber auch großen und kleinen scheinbaren "Krimskrams", in Wahrheit allesamt individuelle handwerkliche Kostbarkeiten von innen und außen herrlich bemalte und geschnitzte Bettkästen, Porzellane, Elfenbein-, Horn- und Holzschnitzereien bis zu Cloisonné- und Lackarbeiten.

Nun präsentiert das "Museum der Phantasie" in Bernried am Starnberger See eine Auswahl aus Buchheims (chinesischer) Kunst- und Wundersammlung, verschränkt mit Buchheims erstmals gezeigten China-Fotos. Da auch die, typisch für Buchheims Sehweisen, allemal Momentereignisse und Augenblicksbegegnungen zeigen, fügen sie sich zum Puzzle des 1,2 Milliarden-Menschen-Reichs in Vergangenheit und Gegenwart zusammen.

Sie zeigen auch, dass Maos Ideologie nur kaum wahrnehmbare Spuren in der alten Kunst der Symbol- und Gleichnisdarstellung von riesenhafter Üppigkeit bis zur totalen Reduzierung auf ein einziges, in seiner Winzigkeit dennoch Raum-beherrschendes Bambusblatt hinterlassen hat. Wo aber die Funktionäre die Mao-Ideologien dennoch durchsetzen, werden diese pragmatisch in das Lebensgesetz aller Chinesen aufgenommen: Der Weg bleibt das Ziel, und das Ziel bleibt die Vereinigung mit "tao", dem geistigen Prinzip, das jegliche Form von Sein durchströmt und so alles verbindet.

Buchheims kluge, nervenstarke Kuratorin Clelia Segieth hat unter des Meisters Brummeln zum 100-jährigen der "Brücke"-Gruppierung im oberen Museumsgeschoss eine Sonderausstellung eingerichtet - und der Vergleich mit der China-Schau hebt beide Teile: faszinierend-überwältigend ist die Erkenntnis, dass hier das Tao-Prinzip bereits vollzogen ist.


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