"Beißender Spott, exquisit gezeichnet"
Münchner Merkur vom 24.06.2006
Zickenkrieg anno 1912. Mächtig behütete Damen in enger Silhouette keifen sich unter den Augen amüsierter Kavaliere an: "Wat - 'n Freudenmädchen willste sind? ? ' n Verkehrshindernis biste!" Eduard Thöny hat mit Bleistift und Tusche treffend die Begleiterscheinungen des Bürgertums zu Anfang des 20. Jahrhunderts karikiert. Für die herbe Gangart und den beißenden Spott waren er und seine Kollegen schon bestens bekannt: Seit 1896 nahmen sie mit ihren Zeichnungen die wilhelminische Ära, die Oberschicht mit ihren Studenten und Soldaten und auch die bayerisch-bierdampfenden Originale aufs Korn. Mit wie viel Verve und Akribie sie die Vorlagen für die Satiren in den Münchner Wochenschriften "Simplicissimus" und "Jugend" schufen, ist jetzt in der Feldafinger Villa Maffei zu sehen. Lothar-Günther Buchheim stellt diese Originalzeichnungen zum ersten Mal aus.
Georg Hirth gilt mit seiner "Jugend" als Talententdecker, der alles Zeitgemäße und vor allem junge, kritische Künstler förderte. Karl Arnold gehörte dazu, der boshaft eine Gefängnisszene zeigt: "Den Sträfling Becker in 'ne Einzelzelle! Damit die Einbrecher nicht durch seinen freisinnigen Umgang verdorben werden!" Auch Rudolf Wilke verdiente hier seine Lorbeeren und wurde danach zum "Simplicissimus" abberufen. Während die "Jugend" auch die klassischen, Jugendstil prägenden Ornamente veröffentlichte, schlug der "Simpl" viel härter in die Kerbe.
Albert Langen brachte die Idee der Satire aus Paris mit und ging mit Thomas Theodor Heine und seinem zähnefletschenden Wappen-Bulldogge in die Vollen. Heine war es auch, der wegen "Majestätsbeleidigung" in der fünften "Simpl-Ausgabe" ins Gefängnis musste. In einem Blatt demonstriert er, wie es den Franzosen gelungen sei, Revanche für 1870 zu nehmen: Bei einem Autorennen fahren sie kurzerhand das Publikum nieder. Neben diesen Meilensteinen des politischen Spotts sind noch allerhand bierselige Wallfahrer und andere Ritter von trauriger Gestalt zu sehen.
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