Buchheim Museum Bernried: Sommerfreuden - Badefreuden. 'Brücke'- Künstler in Moritzburg, Dangast und Fehmarn

Das Paradies lag um die Ecke

Münchner Merkur vom 09.07.2011

Von Freia Oliv

Ab ins Paradies – gleich um die Ecke. FKK-Urlaub an der Ostsee, Freizügigkeit an den Moritzburger Teichen bei Dresden, Südsee-Ersatz auf Fehmarn – das war der Künstler- und Revoluzzertraum vor 100 Jahren. Jetzt sind die „Badefreuden" nach Bernried gekommen: Die neue Ausstellung im Buchheim Museum lockt mit aller Macht an den und an die See.

Noch heute erregen die vielen Akte in der Strandlandschaft Aufsehen. Damals waren sie Tabubruch. Die Künstlergemeinschaft „Die Brücke" zog ab 1905 aus, um das Unberührte, Unverbildete, Unmittelbare hautnah zu erleben. Die Vorlagen dazu fand sie in den Völkerkundemuseen. Blühende Farbigkeit und reduzierter Strich waren dann das Ergebnis der deutschen Wilden. Auch wenn bisher schon manche Entdeckung in Bernried zu machen war, so ist nun mit einer Fülle an neuen Arbeiten aus Buchheims Beständen ein Ausflug der Extraklasse möglich. Sogar Bild-Rückseiten geben Geheimnisse preis: Zum aufmüpfig lümmelnden „Schlafenden Pechstein" (1910) von Erich Heckel gesellen sich nun rückwärtig nicht minder laszive „Badende" (1920). An den Moritzburger Teichen übertrafen sich die Künstler an Frechheit, konkurrierten um die innovativsten großen Würfe mit wenigen Strichen, fingen Modelle in völliger Gelöstheit ein. Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff eroberten 1907 bis 1910 Dangast an der Nordseeküste für sich. Letzterer blieb noch zwei Jahre länger, ließ den Dorfweg im Bild erglühen. Damals wurde der Normalbürger im Badewagen hochgeschlossen ins Meer gefahren. Welch Kontrast zu der Freiheit der Farbe und der Formen der Ballspieler und Hüpfenden, Räkelnden und Kauernden!

Heckel fand 1913 sein zweites Aussteiger-Domizil an der Flensburger Küste in Osterholz. Dort wurde er zum Landwirt und Maler seines „Balis" an der lichtüberfluteten Steilküste. Die Zeiten auf dem Land mit ihren Partnerinnen waren die glücklichsten und produktivsten Jahre der Künstler, bevor sie das Kriegsschicksal ereilte. Am heftigsten bei Ernst Ludwig Kirchner: Bevor er seinen Nervenzusammenbruch erlitt, erlebte er bis 1914 Harmonie auf Fehmarn. Innig beim Waldspaziergang verbunden, fast kalligrafisch die Kähne und die Planschenden erfassend, die großen Schwünge der Buchten aquarellierend, läuft Heckel zu Höchstform auf. Auch Otto Müller entdeckte hier jene Schilf-Akte, die ihn berühmt machen sollten. Mit Max Kaus, dem Expressionisten der nächsten Generation, wird ein Ausblick in eine Farbigkeit gegeben, die ihresgleichen sucht. Und sich allenfalls durch echte Badefreuden am Starnberger See erweitern lässt.


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