Schwimmen, schlafen und sich verlustieren

Welt am Sonntag vom 31.07.2011

Das Buchheim-Museum zeigt, was die "Brücke"-Maler in der Sommerfrische schufen

Paare wie Adam und Eva, Badende, wie Gott sie schuf: Es muss wie im Garten Eden zugegangen sein an den idyllischen Badeplätzen im Norden Deutschlands, wo sich die Brücke-Maler regelmäßig im Sommer trafen. Sie zogen ans Wasser, um sich vor allem dem weiblichen Akt zu widmen.

Während der Sommerwochen verließen die Maler ihre städtischen Ateliers, reisten an die Moritzburger Teiche im Norden Dresdens, besuchten das Nordseedorf Dangast und entdeckten die wilde Ostseeinsel Fehmarn. Dort gaben sie sich nicht nur "Sommerfreuden - Badefreuden" hin, wie Clelia Segieth, Leiterin des Bernrieder Buchheim-Museums, ihre neueste Schau nennt, dort erlebten sie einen wahren Schaffensrausch.

hatte Lothar-Günther Buchheim (1918-2007) bereits früh begonnen, Gemälde, Aquarelle, Grafik und Zeichnungen der Dresdner Gruppe zu sammeln, die noch vor dem "Blauen Reiter" die deutsche Kunst revolutionierte und zusammen mit den Münchnern den Beginn der Moderne in Deutschland markierte. Passend zur Jahreszeit haben sie eigentlich nur zwei Themen: die sommerlich leuchtende Landschaft und den Akt in freier Natur.

1905 hatten sich die Architektur-Studenten Fritz Bleyl, Ernst-Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff zu diesem künstlerischen Lebensbund zusammengefunden. Später stießen Max Pechstein, Otto Mueller und kurzfristig Emil Nolde zur Gruppe, die sich bereits 1913 wieder auflöste. In der Dresdner Frühzeit entwickelte sich in kürzester Zeit ein gemeinsamer Stil, der typische Brücke-Stil. Wie ähnlich er trotz aller Individualität war, lässt sich in der Ausstellung gut verfolgen. Provokativ die unvermischt nebeneinander gesetzten Farben, heftig der sichtbare Pinselstrich, expressiv der Ausdruck, flächig die Motive.

Die eigentliche Geburt der Moderne, so Kuratorin Clelia Segieth, vollzog sich in der Natur, in den Badeorten. Heckel und Schmidt-Rottluff überwanden während ihrer Malaufenthalte in Dangast in den Jahren 1907 bis 1910 den Impressionismus.

Hier malte Heckel auch das berühmte Gemälde "Der schlafende Pechstein" mit seinem auffallenden Rot. Es stellt den Künstler in ungewohnt entspannter Pose dar: schlafend auf einem Liegestuhl, die Arme ausgestreckt. Dieses Bild zeigt erstmals auch seine unbekannte Rückseite, die eigens für diese Ausstellung freigestellt wurde. Dort hatte Heckel zehn Jahre später ein neues Motiv fixiert: "Frau und Kinder" an einem Strand. Weshalb es dazu kam, ist bis heute nicht bekannt.

Am Wasser konnten sich die Maler mit ihren Freundinnen und Modellen unbehelligt von rigiden Moralaposteln aufhalten - und das lockere Badeleben in Kohle skizzieren oder spontan auf Aquarellen festhalten.


Pressespiegel

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