Klavierkonzert im Buchheim Museum

Münchner Merkur vom 23.04.2012

Frischzellenkur mitten unter den Expressionisten

Von Thomas Lochte

Bernried – Musik und Kunst im Buchheim-Museum zueinander in Beziehung zu setzen, ist ein Ansatz, den es schon mit Klaus Doldingers Open-Air-Konzerten gegeben hat. Betrachtet man das Museum als lebendiges, sich auch stetig erneuerndes Gesamtkunstwerk, so erscheint einem Musik inmitten des großen Expressionisten-Saals als überfällige, ja zwingende Ergänzung: Junge Meisterinterpreten des „KlavierARTensemble München“ luden am Samstagabend unter dem Motto „Phantom Phantasie“ zu einer musikalischen Reise ein, die vom Barock bis zur Moderne reichte – es wurde ein hochkarätiges und in vielfältiger Weise assoziatives Erlebnis: Während also Werke von Ernst Ludwig Kirchner, Otto Mueller oder Max Beckmann an den Wänden gewissermaßen Pate standen, entwickelte sich am davor aufgebauten Flügel ein reges Kommen und Gehen.

17 junge Virtuosen des Ensembles unter der Leitung von Simon Gourari schlugen den Bogen von Wilhelm Friedrich Ernst Bachs Rarität „Dreyblatt zu sechs Händen“ bis zu Coplands Skizze „Katze und Maus" und Denes Agays vierhändigem „Frankie & Johnny“ samt Schlagzeugbegleitung. Die ausgewählten Stücke aus drei Jahrhunderten gaben den jungen Künstlern (Jahrgänge 1983 bis 2001) reichlich Gelegenheit, ihre so früh entwickelte Virtuosität zu demonstrieren. Neben einer geradezu soldatischen Akkuratesse (die elfjährigen Brüder Victor & Vili Li bei Schuberts „Militärtanz“) waren auch sehr reife Interpretationen zu bewundern wie etwa Julien Hebenstreits Prélude cis-Moll aus den Fantasiestücken op.3 von Rachmaninow oder Ines Höpfls Chopin-Ballade in F-Dur op.38 Nr.2. Zur Auflockerung dann eine Prise Brubeck-Jazz oder Darius Milhauds „Brazileira".

Ellen Seidel und Julien Hebenstreit moderierten geschickt die Wechsel der Interpreten am Flügel und lieferten nach dem in zehn Sprachen gehaltenen „Zauberlehrling“-Text-Chorus zu Beginn weitere assoziative Gedanken zu dieser „Reise in die Welt der Phantasie“ – etwa das schöne Einstein-Zitat: „Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt“. Literarische Querverweise, Anekdotisches, Musikgeschichtliches – sogar die Zeitgenossenschaft mancher Komponisten mit dem in Bernried versammelten Maler-Opus fand ihren Anklang, wenn etwa Débussys „Arabeske“ Nr.1 in E-Dur von Carla Schallerer (elf Jahre alt jung) dargeboten wurde.

Das Experiment, jungen Meistern inmitten „alter Meister“ des Expressionismus ein solches Forum zu bieten, es muss Museumskuratorin Clelia Segieth und ihrem Team, den vermittelnden Bemühungen der Familie Hebenstreit und den musikalischen Leitern Ludmilla und Simon Gourari hoch angerechnet werden. Den Nachwuchskünstlern aber gebührt das Verdienst, die museale Stille so großartig aufgefrischt zu haben – und es soll erst ein Anfang gewesen sein.


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