© Julia Rejmer / Buchheim Museum

Architektur

Ein Haus für die Buchheimschen Sammlungen

Günter Behnisch hat für die Sammlungen des Malers, Fotografen, Verlegers, Kunstbuch- und Romanautors Lothar-Günther Buchheim einen mehrgliedrigen und abwechslungsreichen Gebäudekomplex geschaffen, der die außergewöhnliche Vielfalt des Buchheimschen Sammlungsuniversums widerspiegelt: In den nördlich gelegenen Hallen werden die Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgrafiken der Brücke-Mitglieder und anderer Expressionisten gezeigt. Die intimeren Räume der beiden mehrstöckigen „Villen“ sind den volks- und völkerkundlichen Sammlungen und den Arbeiten Buchheims vorbehalten.

Die zweigeschossigen Erschließungsgänge bilden das Rückgrat des langgestreckten, zum Teil in den Hang hineingebauten Baukörpers, der auf der Eingangsebene in einem zwölf Meter über dem See schwebenden Steg endet. Bei klarer Sicht kann man von hier aus bis nach Starnberg und zur Alpenkette im Süden sehen.

Das Gebäude umfasst einen Bruttorauminhalt von 32.500 Kubikmetern und eine Hauptnutzfläche von 3.950 qm, wovon rund 3.200 qm für Ausstellungen genutzt werden.

Der Entwurf für das Buchheim Museum war im Rahmen eines Wettbewerbs im Jahr 1996 für den Standort Feldafing - auf dem Gelände der Villa Maffei - entwickelt worden. Ein Bürgerbegehren verhinderte die Verwirklichung.

Nachdem sich Dutzende von Gemeinden und Städten um das Museum beworben hatten, fiel die Entscheidung für ein nahe gelegenes Grundstück, die Hirschwiese im Gelände der Höhenrieder Klinik der Landesversicherungsanstalt Oberbayern in Bernried. Der Wettbewerbsentwurf wurde um 90° gedreht und leicht modifiziert.

Der Spatenstich für das Museum erfolgte am 18. Juni 1998. Anfang des Jahres 1999 wurde mit dem Bau begonnen und am 14. Oktober 1999 mit einer Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber das Richtfest gefeiert.

Idee und Realisierung

Lothar-Günther Buchheim verfolgt seine Idee, seine Expressionistensammlung in Nachbarschaft mit seiner volks- und völkerkundlichen Sammlungen zu zeigen und in einem eigenen Museum zu vereinen, seit über dreißig Jahren. Ob in seinem Wohnort Feldafing, in München oder Duisburg - Buchheims Museumskonzept wurde stets kontrovers diskutiert, polarisierte und stieß auf entschiedene Gegner ebenso wie auf heiße Verfechter.

Im Jahre 1995 sollten die Buchheimschen Sammlungen in Weimar eine endgültige Bleibe finden. Buchheim fühlte sich verpflichtet, den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber bei einem Besuch davon zu informieren, dass die Sammlungen außer Landes gingen. Dr. Stoiber erkannte sofort den Ernst der Lage, und strengte alle Kräfte an, um die Sammlungen in Bayern zu halten.

1996 wurde von Roland Ernst ein Architekturwettbewerb für das Buchheim Museum für den Standort Feldafing auf dem Gelände der von Emanuel von Seidl um 1900 errichteten Maffeivilla ausgelobt, als deren erster Preisträger Behnisch, Behnisch & Partner hervorging.

Die Planungen waren bereits weit fortgeschritten, als Museumsgegner in Feldafing ein Bürgerbegehren initiierten. Kurz darauf formierte sich die Gruppe der Feldafinger Freunde des Buchheim Museums zu einem Bürgerbegehren für das Museum, was im Frühjahr 1997 in einem Bürgerentscheid gipfelte, der mit der Ablehnung des Museumsbaus endete. An die hundert Gemeinden und Städte bewarben sich daraufhin um das Museum. Die Wahl fiel schließlich auf Bernried und die traumhaften, unmittelbar am See gelegenen Parkanlagen der Klinik Höhenried.

Der 1. Bürgermeister und die Gemeinde unterstützten das Projekt nachhaltig. Am 18. Juni 1998 - in der Vorbereitungsphase der großen Ausstellung der Expressionistensammlung im Haus der Kunst in München - war der Spatenstich. Am 14.10.1999 konnte das Richtfest mit einer Rede des Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber gefeiert werden. Ende 2000 war das Gebäude im Wesentlichen fertig gestellt. Ab Januar 2001 konnte mit der Inneneinrichtung begonnen werden.


Gedanken des Architekten

Kontrolliertes Licht, kontrolliertes Klima, vielfältig brauchbare Räume, verschiebbare Wände ... All das gehört zum funktionierenden Museum. Das Museum Buchheim jedoch ist mehr, schon heute, und es wird später, wenn es sein neues Gebäude haben wird, an Ort und Stelle noch mehr sein.

Da ist z.B. der Ort, die Hirschwiese am Ufer des Starnberger Sees. Da ist die Gemeinde Bernried. Dort sind die großen alten Bäume, die Berge in der Ferne, die Wolken am Voralpen Himmel. Da ist das Grün, das Weiß, das helle Blau.

Da ist die besondere Stimmung. Und dort ist Lothar-Günther Buchheim mit Diethild Buchheim, deren Leben, sein Wirken, die Sammlungen, die Expressionisten - aber eben nicht nur diese. Dort sind die Förderer und Stifter, Freunde und Gegner, zahlreich, ein bunter Strauß durchaus nicht nur in einer Richtung ziehender Kräfte. Aus all dem soll ein Museum mit einem neuen Gebäude werden.

Die Hirschwiese in Bernried ist weit, umfasst von Bäumen. Dort wird das neue Museumsgebäude sein, zum See hinweisend, lang ausgestreckt, neugierig durch die alten Bäume am Ufer blickend. Quer in der zum Ufer abfallenden Wiese wird die Halle liegen, 100 Meter lang, schmal, durchsichtig, scheinbar offen; am Eingang oben ebenerdig, am See dann dreigeschossig; ein mehrgeschossiger Landungssteg, das Rückgrat des neuen Buchheim-Museums-Gebäudes.

Daran dann die Glieder des neuen Museums; die große Halle für die Wechselausstellungen, die Bereiche für die ständigen Ausstellungen, die Magazine und Werkstätten, die „Häuser“ für die Raritäten und für den Buchheim-Teil, auch Bereiche, die eher zur Landschaft gehören, in denen dann die Hirschwiese ausgestellt wird, ein Café, in Vortragssaal und manch anderes mehr.

Eine Anlage wird entstehen, vielfältig, interessant, abwechslungsreich, in sich geordnet, offen nach außen hin, bereit, mit der Landschaft sich zu verbinden. Im Inneren wird es grüne Räume geben und im Äußeren Skulpturen-Ausstellungsflächen. Architektur-Landschaft und Natur-Landschaft gehen ineinander über, bilden eine neue Gestalt.

Die Formen und Materialien des neuen Gebäudes sollen einfach sein, direkt - keinesfalls raffiniert. Ein Estrich-Boden z.B. wäre angemessener in dieser Anlage als wertvolle Bodenbeläge; Putzwände sind besser als Edelhölzer usf. Konstruktionen und Materielles werden nicht im Vordergrund stehen. Licht, Stimmungen, Raumzusammenhänge, Starnberger See, Rehwiese, Bäume, Himmel und zuerst natürlich die Sammlung Buchheim und die eigenartige Persönlichkeit des Sammlers und Künstlers.

Günter Behnisch im Oktober 1999 (1922-2010)


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