PI PA POP POSTERS von Lothar-Günther Buchheim

Kabinettausstellung im Buchheim Museum

Just im Jahr 1968, als die Revolte der Neuen Linken und der Studenten in Amerika und Europa kulminierte, holte Buchheim mit seinen schrillen PiPaPop-Postern zum artistisch getarnten Rundumschlag aus. Denn hinter ihrer bunten und sinnenfrohen Fassade entpuppt sich die Imagerie des damals 50jährigen "Malergraphikerautorverlegers" (Buchheim) als humorvoll gewandeter Protest eines unabhängigen und einzelgängerischen Geistes, den das Diktat des Kunstmarktes sowie des scheinbar Neuen und Progressiven ebenso mit Skepsis erfüllt wie dogmatisch verfochtene politische Doktrinen.

Moralisierende Sprüche aus dem gutbürgerlichen Fundus der Gründerzeit und der Jahrhundertwende werden von Buchheim gleichermaßen respektlos entstellt und verballhornt wie die Slogans und Trends der Jungen. Das naive "Make love not war" der Flower Power-Apologeten etwa wird abgewandelt zum messerscharf analysierenden "Make money with war". Dazu verdrallt Buchheim mit großem Spaß die Errungenschaften von Pop und Op, verschränkt sie mit Versatzstücken aus alten Bilderbögen und Zeitschriften und statuiert so ein Exempel dessen, was er unter "Pop(ular)Art" versteht.

Der Erfolg des Buchheimschen Pop war groß und beflügelte den Meister. Nach einer ersten Ausstellung in der Münchner Galerie Thomas (1968) schuf Buchheim in einem Zug an die 70 weitere Plakate und schickte sie auf Ausstellungstournee. Der Vertrieb der PiPaPop-Plakate, denen bald poppige Kalender und Postkarten folgen sollten, erstreckte sich bis in die USA.

Die Kabinettausstellung im Buchheim Museum kombiniert erstmals Buchheims Poster mit den Bildträgern, die für den Druck der Lithographien erforderlich sind. Wie beim herkömmlichen Flachdruck wird für jede Farbe eine "Platte" benötigt. Doch zeichnete Buchheim seine Bilder nicht auf Stein wie einst die berühmten "Maîtres de l'Affiche", die um 1900 in Paris das künstlerisch gestaltete Plakat inaugurierten.

Er verwendete transparente Folien, auf die er seine Motive malte, zeichnete oder montierte. Die changierenden Farbfelder wurden mittels Irisdruck - die Farben werden unmittelbar in der Maschine gemischt - in einem separaten Druckvorgang auf das Papier gedruckt. So sind unwiederholbare Unikate entstanden.

Auch das buchkünstlerische Kleinod, die von Buchheim gestaltete Broschüre "PiPaPop Posters" aus dem Jahr 1969 - sie erscheint anläßlich der Ausstellung zu Buchheims 89stem Geburtstag als Reprint - wurde in diesem Verfahren erstellt. Voller Selbstironie und Witz leitet Buchheim seinen wortgewaltigen Text ein:

"Nach POP und OP gleich zu Kinetik und Environment, zu minimal-art, Happening und was weiß ich nicht allem - warum denn so hastig? Den Bremsstempel kräftig durchgedrückt und erst mal beguckt, was sich nach Hybridenzüchterart Feines aus dem Gewucher ziehen läßt", sagte sich der Tausendsassa-Buchheim, pfropfte lässig Psychadelic-Lianen (San Francisco-Importe) auf Jugendstilgeschlinge aus der Großväterzeit, setzte ein paar geile Jodelle-Triebe aus der Botticelli-Peellaert-Familie dazu, behängte das ganze mit Lametta und Kaugummischlangen, überstreute es mit Konfetti, pflanzte es sodann in morbid-krümelige Gorgonzolaadern aus Kunsthistorikergekäse und brachte das Gewächs mit entschlossenen Anilingüssen feixend zu popbuntem Blühen.

Das Feixen nahmen ihm die anusverkrampften "Bewußtseinserweiterer", die sich zu "Veränderern der geistigen Wirklichkeit" hochstapelnden Recommandeure des POP- und OP-Rummels, über die Maßen übel - zu Recht, denn wo kämen wir denn hin, wenn mit des Kaisers neuen Kleidern Jux getrieben würde, eine dreckige Talgecke eine dreckige Talgecke, ein krummer rostiger Nagel ein krummer rostiger Nagel, ein ödes blaugestrichenes Geviert ein ödes blaugestrichenes Geviert und Papierkorbabfall Papierkorbabfall bliebe.


Meldungen


Lothar-Günther Buchheim, Pi-Pa Pop, Lithographie, 1968, Sammlung Buchheim, © Lothar-Günther Buchheim, Foto: Buchheim Museum


Lothar-Günther Buchheim, Make money with war, Lithographie, 1968, Sammlung Buchheim, © Lothar-Günther Buchheim, Foto: Buchheim Museum

Drucksachen zur Ausstellung

Das Reprint der Ausgabe "PIPAPOP POSTERS" von Lothar-Günther Buchheim aus dem Jahre 1969 ist zum Preis von EUR 7,80 am Museumsladen erhältlich:

Plakate zur Ausstellung, DIN A 2, jeweils EUR 7,50:

 

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